Es sind Zahlen, die erschüttern: Laut Weltgesundheitsorganisation sind ein bis zwei Kinder pro Schulklasse von sexualisierter Gewalt betroffen. Die Dunkelziffer liegt wahrscheinlich noch höher. Um Kinder und Jugendliche bestmöglich vor solcher Gewalt zu schützen, wurde die Bundeskampagne „Nicht wegschieben“ ins Leben gerufen, die das persönliche Umfeld von jungen Menschen für sexuell motivierte Übergriffe sensibilisieren soll. Auf Plakaten wird dazu aufgefordert, hinzusehen, zuzuhören und nachzufragen - denn sexualisierte Gewalt kommt mehrheitlich im nahestehenden Umfeld des Kindes vor. 105 dieser Plakate hat der Nordhessische VerkehrsVerbund (NVV) in Regionalzügen und RegioTrams aufgehängt, 40 Stück fahren durch das Stadtgebiet in Straßenbahnen der Kasseler Verkehrs-Gesellschaft (KVG).
„Kinder und Jugendliche, die sexualisierte Gewalt erfahren haben, sind immer auf die Hilfe von Erwachsenen angewiesen. Doch leider machen viele Betroffene die Erfahrung, dass ihnen nicht geglaubt wird, dass Anzeichen nicht gesehen und Hilferufe fehlgedeutet werden. Es ist die Verantwortung von uns Erwachsenen, diese Kinder zu schützen und ihnen zu helfen. Dank KVG und NVV sind die Kampagnenplakate im gesamten Stadt- und Landkreisgebiet sichtbar, das ist eine wichtige Hilfe für die Verbreitung dieses Aufrufs “, sind sich Kassels Bürgermeisterin Nicole Maisch und Vizelandrätin Silke Engler einig. „Unser Dank gilt neben den Kooperationspartnern KVG und NVV auch der Fachberatungsstelle bei sexualisierter Gewalt in Stadt und Landkreis Kassel faX, die sich dafür eingesetzt haben, die Kampagne in den öffentlichen Nahverkehr und damit sichtbar in die Region zu holen“.
„Gern leisten wir durch die Plakatierung in den Regionalzügen und RegioTrams einen Beitrag dazu, dass dieses wichtige Thema mehr Aufmerksamkeit erhält“, sagt NVV-Geschäftsführer Wolfgang Rausch.
Die Beratungsstelle faX berät Mädchen, Jungen sowie queere Kinder und Jugendliche, die sexualisierte Gewalt erfahren haben, aber auch Eltern, Fachkräfte und andere Betroffene. „Gerade bei sexueller Gewalt in Familien und im familiären Nahraum, auf die die Kampagne vorwiegend zielt, ist Hilfe schwierig, aber dringend notwendig. Betroffene Kinder und Jugendlichen befinden sich immer wieder in existenziellen Notlagen, können sich kaum selbst aus der Situation befreien und bekommen im Nachhinein nur schwer adäquate Hilfe. Die Familie sollte ein sicherer Ort sein, für einige Kinder und Jugendliche ist dies leider nicht der Fall“, so Annemarie Selzer, Geschäftsführerin von faX. Und weiter: „Die Fallzahlen in unserer Beratungsstelle steigen stetig von Jahr zu Jahr an. Dies zeigt aber auch, dass immer mehr Menschen den Mut aufbringen, sich an uns zu wenden.“ Fälle, die ohnehin existieren, würden so vom Dunkelfeld ins Hellfeld kommen und Hilfe könne ermöglicht werden. Insgesamt 147 Fälle hat Fax im vergangenen Jahr bearbeitet, ein Plus von fast 50 Prozent im Vergleich zum Vorjahr, in dem es rund 100 Fälle waren.
Menschen, die Hilfe suchen oder die sich tiefer gehend über sexualisierte Gewalt informieren möchten, können sich an die faX-Beratung unter Tel. 0561-31749116 oder per E-Mail an info@fax-kassel.de wenden.